Reiserecht - Fluggastrechte

Relevante Rechtsprechung des EuGH und des BGH

Die folgenden Urteile beschäftigen sich mit der Frage, in welchen Fällen die Fluggesellschaften zu der Zahlung einer Ausgleichszahlung aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) verpflichtet sind. Die Kanzlei Engels & Asociados bemüht sich um eine aktualisierte Darstellung der relevanten Urteile, eine Gewähr für die Vollständigkeit und Aktualität wird jedoch nicht übernommen. 

 

26.02.2013: Urteil des EuGH in der Rechtssache C-11/11

 

In diesem Vorlageverfahren hatte der Fluggast eine Reise von Bremen über zwei Zwischenstationen nach Asunción gebucht. Der erste Flug von Bremen nach Paris hatte eine Verspätung von 2 1/2h, jedoch verpasste der Fluggast den Anschlussflug und erreichte das Endziel erst mit 11h Verspätung.

 

Dass Gericht urteilte, dass einem Fluggast dann ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 261/2004 zustehe, wenn zwar beim Start noch keine Verspätung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung gegenüber der planmäßigen Abflugzeit vorgelegen habe, die Ankunft am Endziel aber gleichwohl drei Stunden oder mehr nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erfolgt sei.

 

Der EuGH bestätigt somit seine bisherige Rechtssprechung und legt die Verordnung weiterhin zugunsten der Fluggäste aus.

 

22.11.2012: Urteil des EuGH in der Rechtssache C-139/11

 

Mit dieser Entscheidung urteilt der EuGH, dass auf die Frage der Verjährung der Ausgleichszahlungen der VO 261/2004 nach den nationalen Vorschriften des angerufenen Gerichts zu beurteilen sind. Diese Auslegung war erforderlich geworden, weil die besagte Verordnung keine Regelung hinsichtlich der Klagefrist enthält.

 

Wird daher eine Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung in Deutschland eingeklagt, bestimmt das deutsche Recht die Verjährungsfrist.


23.10.2012: Urteil des EuGH in den Rechtssachen C-581/10 und C-629/10

 

In seiner Entscheidung bestätigte das Gericht seine frühere Rechtsprechung, wonach Fluggäste, deren Flug mehr als 3 Stunden verspätet den Zielort erreicht, eine Ausgleichzahlung nach der VO 261/2004 zusteht.

 

In zwei getrennten Verfahren hatten ein deutsches und ein irisches Gericht den EuGH um Bestätigung der Rechtsprechung gebeten, weil die Kläger u.a. erhoben hatten, die Auslegung des EuGH verstöße gegen andere internationale Rechtnormen.

 

04.10.2012: Urteil des EuGH in der Rechtssache C-321/11


Fluggäste, denen die Beförderung verweigert wird, weil ihre Bordkarten von der Fluggesellschaft in der Erwartung, sie würden ihren Anschlussflug nicht erreichen, storniert wurden, haben einen Ausgleichsanspruch nach der Verordnung 261/04.


Der EuGH urteilte, dass eine Nichtbeförderung im Sinne der Fluggastverordnung nicht nur Fälle der Überbuchung betrifft, sondern auch bei Beförderungsverweigrung aus betrieblichen vorliege. Eine solche Nichtbeförderung läge aber im Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft und sei nicht den Fluggästen zuzuordnen.

 

28.08.2012: Urteil des BGH in der Rechtssache X ZR 128/11

 

Fluggästen, denen auf einem Zwischenstopp die Weiterreise versagt wird, weil die Koffer dieser Fluggäste noch nicht umgeladen sind, haben einen Anspruch auf Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung gemäß der VO 261/2004.

 

Der BGH urteilte, dass die Fluggäste auch dann befördert werden müssten, wenn ihr Gepäck erst auf einem späteren Flug befördert werden könne.

 

21.08.2012: Urteil des BGH in den Rechtssachen X ZR 138/11, X ZR 146/11

 

Der BGH urteilt, dass ein Pilotenstreik einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO 261/2004 darstellt und damit eine Ausgleichszahlung nach dieser Verordnung ausschließt, wenn wegen dieses Streikes Flüge annuliert wurden.

 

Denn ein solcher Streik sei in der Regel ein unabwendbares Ereignis und gehöre nicht zu dem beeinflussbaren Betriebsalltag der Fluglinie.

 

13.10.2011: Urteil des EuGH in der Rechtssache C-83/10

 

Eine Ausgleichzahlung gemäß Artikel 7 der VO 261/2004 steht einem Fluggast auch dann zu, wenn ein Flugzeug nach pünktlich erfolgtem Start zunächst an seinen Ausgangsflughafen zurückkehrt, um sodann eine Weiterbeförderung zu gewährleisten.

 

Nach dem Urteil des EuGH handelt es sich nicht nur um eine „Annullierung“, wenn ein Flugzeug überhaupt nicht startet, sondern eben auch dann, wenn das Flugzeug an seinen Startflughafen zurückkehrt. Der EuGH urteilt weiter, dass für jeden Fluggast individuell zu beurteilen sei, ob die vorgesehene Planung des Fluges bis zu dem Erreichen des Zielortes durch das Luftfahrtunternehmen geändert wurde.

 

19.11.2009: Urteil des EuGH in den Rechtssachen C-402/07 und C-432/07

 

Ein Fluggast, dessen Flug mehr als 3 Stunden verspätet den Zielflughafen erreicht, kann eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 der VO 261/2004 für sich beanspruchen.

 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beseitigte mit diesem Grundsatzurteil die Unsicherheit, ob eine erhebliche Verspätung als eine Annullierung eines Fluges anzusehen ist, indem er klarstellte, dass eine mehr als 3-stündige Verspätung an dem Zielflughafen mit einer Annullierung des Fluges gleichzusetzen ist.

 

Bis zu diesem Urteil hatten die Fluggesellschaften den Standpunkt vertreten, dass bei einer auch erheblichen Verspätung keine Ausgleichszahlungen zu tätigen seien.